EuroTeleSites startet mit kritischem Ballast

Die heimische Kapitalmarktszene frönt der Sommerfrische. Die Aufmerksamkeit der Börsenbeobachter konzentriert sich auf wenige Termine. Die außerordentliche Hauptversammlung der Telekom Austria zur Abspaltung der Mobilfunktürme schiebt sich in die erste Reihe. Ein bemerkenswerter Zwist zwischen Aktionären entwickelt sich. Worum geht es? Vorab: Viele Einzelfragen der Transaktion wurden mit umfangreicher Berichterstattung im Vorfeld beantwortet. Insbesondere die Frage der (national-)”strategischen” Infrastruktur oder dem juristischen Modus der Abspaltung. Letzterer scheint bisher weitgehend gelungen, einzig 36 Mio€ Vertragserrichtungsgebühr muten wie eine illegale Related-Party-Transaktion des Hauptaktionärs BMF an. Doch so ist das Gesetz, selbst wenn eine solche Gebühr antiquitiert und international nicht üblich ist. Ein wirtschaftlicher Vorgang oder eine Wertschöpfung findet nicht statt. Die Kritik ist daran weder neu noch unberechtigt.

Kontrovers geht es um die Performanceperspektive der EuroTeleSites. Hinter dem Namen verbirgt sich kein 90iger-Jahre-Videotext-Verschnitt. In Wahrheit fehlt der Gesellschaft beinahe jede eigene Digitalisierungskomponente. Vielmehr bewarb Telekom-Austria-Co-CEO Thomas Arnoldner die reine Infrastruktur-Gesellschaft als künftigen Profiteur eines zukünftigen Wettbewerbs um eine steigende Anzahl an Masten(-nutzung). Mithin eine indirekte Notwendigkeit der nächsten Digitalisierungswelle. Bei niedrigen Zinsen sind vergleichbare Abspaltungen bei Deutscher Telekom, Vodafone oder auch bei América Movíl selbst durchgeführt worden – damals ein Erfolg, doch aus heutiger Perspektive ein Aktionärsdesaster. Telekom-Austria-CEO Alejandro Plater wich der Aktionärsfrage nach der Peer-Group-Performance geschickt aus. Es wäre ein Bauchfleck. Sich gegen diese (globale) Entwicklung zu versuchen, ist eine Herausforderung. Leider wird die erfolgreiche Börsenstory noch weiter erschwert, sowohl die hohe Verschuldung als auch eine Dividendensperre – von angekündigten vier Jahren -, machen die Aktienperformance fantasievoll. “Wer soll das kaufen?”, sprach Aktionär Josef Kalwoda aus. Die EuroTeleSites wird dem Telekom-Austria-Aktionär im Verhältnis 1 zu 4 zugeteilt. Das Syndikat América Movíl und ÖBAG verabredete ein Halten-Lock-up von mindestens fünf Jahren. Mithin das kürzere Zeitpunktmanagement obliegt dem einzelnen Streubesitzaktionär. Roadshows sollen Überzeugungsarbeit leisten.

In der Gesamtschau: Der Split hinterläßt eine erstarkte Telekom Austria, deren Verschuldung rekordverdächtig niedrig ist. Es deutete sich an, dass das Dividendenprogramm trotz Split gehalten werden soll. Die neue Gesellschaft könnte man daher als “Option” interpretieren, auf die sich das Syndikat zum “Wohle aller Aktionäre” verständigt hat. Wann das Wohl für den kleinen Streubesitz eintritt, bleibt abzuwarten – wie auch die Erstnotiz an der Wiener Börse. Aus der Perspektive des Syndikats kann man die Transaktion als Erfolg interpretieren.

Im Börsen-Kurier Nr. 32 am 10. August veröffentlicht von:

Florian Beckermann

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