Symptome des Immo-Zins-Frusts

Dass die höheren Zinsen den Häuslebauer via Bankkredit treffen werden, war erwartbar. Es rächt sich der Geiz, ja die breite Spekulation mit der variablen Verzinsung. Die wenigen fix-verzinsten Immobilienkreditnehmer können vor Lachen kaum einschlafen. Andere ärgern sich und zahlen. Grund genug zugunsten der negativ-betroffenen Eigenheimbesitzer politisch auszureiten und den “Banken” mit dem regulatorischen Zeigefinger zu drohen.

Ein schriller Sommerloch-Alarmismus beherrscht die Medien. Der Immo-Zins-Frust suggeriert eine signifikante Breite zu haben. Der Banksektor reagiert spät. Spartenobmann Willibald Cernko und Finanzminister Magnus Brunner beschwichtigen mit Härtefallfonds, Nebenkosten-Erlass oder Einzelfalllösungen. Plus einem Gegenangriff auf die Konsumenten-freundliche Vorfälligkeitsentschädigungsregelung und den Hemmschuh “KIM-VO”. Pikant: Kreditnehmer nach KIM-VO geraten kaum in Zahlungsschwierigkeiten. Zu groß ist deren Puffer.

Es wird schnell klar, dass so eine Verbesserung der Situation für Finanzinstitute durchschimmert. Alarmismus wird zum Bumerang. Minimal sind die Auswirkungen der Immo-Kreditausfälle auf Bankergebnisse. Verträge sind einzuhalten, die Marge bleibt.

Die fehlende Sparbuchperformance schraubt den Gewinn nach oben. Österreichische Bankaktien entschädigen zweifellos für verpasste Festgeldverzinsung, sofern man sie denn lässt. Einstweilen gibt es keinen staatlichen Eingriff.

Symptome: Das BMF will mit einem Zinsportal für bessere Transparenz (sic!) sorgen. Man setzt auf den Markt. Zinsfalke Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann liebäugelt mit einer Kreditnehmerausbildung. Eine erstaundliche Bevormundung. Bei analoger Langfristigkeit, wäre auch bei Arztbesuchen oder Versicherungsabschlüssen eine Vor-Ausbildung fällig? Finanzbildung kann nicht die unterbezahlten Jobs, die KIM-VO oder das Immo-Angebotsloch verschwinden lassen.

Die Perspektivlosigkeit der politischen EZB-Zinsgebahrung lässt den Immo-Markt kollabieren. Da hilft auch kein Verweis auf die historischen Daten, die ihren eigenen Wirtschaftskontext hatten. Offen ist, ob mit dem abgewendeten Alarmismus die “Banken-Abschöpfung” vom Tisch ist. Wenn dem so wäre, schielt der Energiesektor neidvoll.

Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) scheinen einig: Hier steht die nächste Erhöhungsrunde der Abschöpfung auf dem Plan. Es ist immer noch Aktionärsgeld, immer noch eine Enteignung und die Argumente werden nicht besser, wenn man sie wiederholt.

Im Börsen-Kurier Nr. 35 am 30. August veröffentlicht von:

Florian Beckermann

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