Signa: Restrukturierungsfrage für heimische Finanzierer?

Dass Österreich eine Zuneigung zu schillernden Unternehmern pflegt, ist unbestritten. Signa-Gründer Rene Benko ist es definitiv. Promis, Privatjets, Politik und nun Restrukturierung? Für die SSU, Signa Sports United, das an der New Yorker Börse gestartete SPAC, sieht es schlecht aus. Die Abwicklung steht im Raum. Die ersten Anrufe von noch unbekannten, geschädigten Anlegern sind bereits erfolgt. Doch auch die Immo-Sparte ist nicht friktionsfrei: Laut Handelsblatt wird nun die gesamte Signa-Gruppe von Top-Sanierer Arndt Geiwitz in Restrukturierungsfragen beraten. Restrukturierung ist für Finanzierer teuer und ärgerlich. Ein Haircut geht damit oft einher.

Blicken wir zurück: Als zu Anfang der 2000er Jahre der Stern des Tiroler Unternehmers aufging, war sich die Immo-Szene recht einig. Ein Talent für Immobilien, gehebelt mit niedrigem Zinsniveau und Fleiß. Ein Setting für durchschlagenden Erfolg. Nicht nur in der Immobilienentwicklung, aber vor allem dort. Hier liegt Benkos Schatz: Tolle Immobilien in den besten Lagen. Egal wie man Benko historisch letztlich beurteilen mag, herausragende Immobilien werden bleiben. Wer sowas kann, kann alles? Signa war der naheliegende Käufer für alles. Karstadt/Kaufhof oder Kika/Leiner waren clevere Immobilieneinkäufe. Das operative Geschäft jedoch entpuppte sich als kostspieliger Abwehrkampf gegen Amazon & Co. Ohne Zinsen und mit Corona-Unterstützungszahlungen länger durchhaltbar als vielleicht selbst vermutet. Zusammen mit verschiedenen anderen Baustellen entstand Kapitalbedarf in einem solchen Ausmaß, dass die “Benko-Totalbilanz” zum gesuchten Trüffelobjekt wurde. Selbst die EZB wurde neugierig.

Doch damit nicht genug: Querelen in deutschen Innenstädten, Scharmützel mit Journalisten, Benkos rechtliche Probleme, Brösel um das New Yorker Chrysler-Building, Possen um die Hamburger Elbtower-Baustelle und letztlich die zweischneidige Verkündung der Deutschen Bank, keine Geschäftsbeziehung mit Signa zu haben, sorgten für zunehmende Fragestellungen und Druck. Druck, welchen die finanzierenden Banken mit Signa lange nicht verspürten. Waren sie doch durch einen florierenden Immo-Markt gesichert. Mit der Zinswende sieht die Welt anders aus. Man muss Fragen beantworten. Der Immo-Transaktionsmarkt ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Einzelhandelsimmobilien gelten als oftmals toxisch. Nur im hochklassigen Büro-Sektor sieht es leicht besser aus. Und schnell wird das Signa-Exposure zur Gefahr für Finanzierer und indirekt für den heimischen Aktionär? Einstweilen ist wenig bekannt, wer wieviel finanziert. Milliardenbeträge geistern umher. Redundante Fragen nach Signa auf Bank- und Versicherungs-HVs deuteten auf Aktionärsdruck hin. Naturgemäß ist der Aktionär ungern an möglicherweise teuren Problemfällen beteiligt. Eine Frage des Managements, diese frühzeitig zu vermeiden.

Positive Perspektive: Teil einer größeren Restrukturierung zu sein ist für die meisten heimischen Finanzinstitute kein Spaß, aber auch kein Neuland. Moderne Restrukturierungs-Regime bieten abseits eines Haircuts vielerlei Chancen, wenn mit Augenmaß vorgegangen wird. Oftmals kann bei Immobilien der Verlust durch die Bank gar vermieden werden. Entscheidend für den Erfolg ist Vertrauen in die Akteure und Geduld. Die entscheidenden Fragestellungen auch für Signa, sollte sie zum Restrukturierungsfall werden.

Im Börsen-Kurier Nr. 43 am 26. Oktober veröffentlicht von:

Florian Beckermann

1130 Wien, Feldmühlgasse 22
Tel. +43-1-8763343-0
Fax. +43-1-8763343-49
florian.beckermann@iva.or.at