Delisting: Ablauf und Auswirkung für Privataktionäre

Aus Anlass des aktuell laufenden Antrages der Ottakringer Getränke AG, den Amtlichen Handel der Stammaktien und der Vorzugsaktien an der Wiener Börse zu widerrufen, wird im Folgenden aus
genereller Sicht auf den Vorgang des Delistings eingegangen.

Was ist ein Delisting?
Als Delisting bezeichnet man die dauerhafte Einstellung der Börsennotiz einer Aktiengesellschaft.
Aus rechtlicher Sicht bedeutet das, ein Unternehmen zieht durch den „Antrag auf Widerruf der Zulassung von Aktien zum Handel an einem regulierten Markt” seine Aktien vom öffentlichen Handel zurück. Für Aktionäre ist das sehr bedeutsam, sichert doch der regelmäßige Börsenhandel die Basis,
Aktien zu transparenten Kursen kaufen und verkaufen zu können. Nach einem Delisting ist das nicht
mehr möglich. Wer sich nach diesem Zeitpunkt von seinen Aktien trennen möchte, ist auf einen meist sehr intransparenten und illiquiden Sekundärmarkt angewiesen. Es ist also nicht gesichert, für
die noch gehaltenen Aktien künftig Käufer zu finden, die einen zufriedenstellenden Preis bezahlen.

Was muss erfüllt sein?
Voraussetzung für einen Antrag auf ein Delisting ist entweder ein Beschluss der Hauptversammlung mit einer Mehrheit von mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen oder ein entsprechender
Beschluss von Aktionären, die mindestens über drei Viertel des stimmberechtigten Grundkapitals verfügen ( §38 Abs. 7 BörseG 2018).

Der Zeitraum zwischen Veröffentlichung und Wirksamwerden des Widerrufs zum Börsenhandel darf nicht kürzer als drei Monate und nicht länger als zwölf Monate betragen. Sowohl der Emittent als auch das Börseunternehmen haben den Widerruf unverzüglich auf deren Internetseite zu veröffentlichen.

Gründe für ein Delisting können beispielsweise sein: ein sehr geringer Streubesitz; mit der Börsennotiz verbundene, unverhältnismäßig hohe Kosten; der Unternehmensstrategie zuwiderlaufende oder zu aufwändige Publizitätsvorschriften oder strategische Überlegungen zur Änderung der Unternehmensstruktur.

Jedenfalls hat die Aktiengesellschaft den verbleibenden Aktionären ein Abfindungsangebot zu unterbreiten. Vorschriften zur Preisfestsetzung sind in § 27e Übernahmegesetz (ÜbG) definiert.

Die Information der Aktionäre erfolgt sowohl auf der Homepage des Emittenten also auch schriftlich im Wege der Depotbanken. Automatisierte Mitteilungen der Depotbank sind daher sehr zeitnah und aufmerksam zu beachten. Generell darf nicht erwartet werden, dass Kundenberater darüber aktiv informieren.

Annehmen oder ablehnen?
Wer sich hinsichtlich einer Empfehlung zur Annahme oder zur Ablehnung des entsprechenden Angebotes abstimmen will, sollte aktiv seine Bank kontaktieren. Wird das Angebot angenommen, hat dies der Aktionär der Depotbank innerhalb der gesetzten Frist schriftlich zu erklären.

Durch Annahme des Abfindungsangebotes kommt ein Kaufvertrag über den Verkauf der Aktien zustande. Dies ist aus steuerlicher Sicht relevant. Für private Aktionäre gelten die aktuellen Re- gelungen hinsichtlich der Kapitalertragsteuer (KESt). Handelt es sich um einen Neubestand (Erwerb der Aktien ab dem 1. Jänner 2011) wird die positive Differenz zwischen steuerlichen Anschaffungskurs und Abfindungskurs mit 27, 5 Prozent versteuert. Bei Aktien aus steuerlichen Altbestand wird keine KESt berechnet.

Im Standard-Fall des Delisting kann man jedoch weiterhin Aktionär bleiben. In diesem Fall hat eine Umstellung von Inhaberaktien auf Namensaktien innerhalb eines Jahres zu erfolgen und die Inhaber sind in das Aktienbuch der Gesellschaft einzutragen. Dies ist von Bedeutung, da nur dann Aktionärsrechte (Dividendenzahlungen, Stimmrechtsausübung etc.) geltend gemacht werden können.

Im Börsen-Kurier Nr. 49 am 07. Dezember veröffentlicht von Franz Jahn, MBA Beirat des IVA