Cooling-off: Keine schnellen Politiker-Jobs

Ungeachtet aller möglichen sinnvollen Aktivitäten für Signa, wird über die “Honorartätigkeiten” der Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Sebastian Kurz heftig diskutiert. An ihnen orientiert, schwingt sich eine ethisch-beachtenswerte Initiative ein: Ex-Politiker sollen sich aus der Wirtschaft fernhalten – zumindest eine gewisse Zeit nach dem Amt. Die Forderung nach dem sogenannten “Cooling-off” ist nicht nur NGOs wie Transparency International ein Anliegen, auch wenn Gusenbauer und Kurz im konkreten Fall nicht als präziser Anwendungsfall taugen.

Worum geht es? Ex-Politiker und ehemlige Staatssekretäre verfügen oftmals über gute Kontakte zu weitverzweigten Amtsträgernetzen. Dies verwundert wenig, da sie meist noch kurz zuvor selbst Amtsträger waren. Während ein Missbrauch der Amtsträgerposition strafbar ist, kann ein zeitnaher Seitenwechsel zum Beispiel auf die Beraterfunktion lohnend und legal sein.

In Österreich ist der Wechsel in die Wirtschaft kurzfristig nach Beendigung der politischen Tätigkeit eine wiederholte Praxis mit wechselndem Erfolg. Die Nutzbarmachung des Netzwerks gelingt nicht jedem. Es bleibt in einem Korruptions-gefährdeten Lande ein unvorteilhafter Beigeschmack.

Mit jedem neuen prominenten Fall gewinnt die Forderung nach einer gesetzlichen, angemessenen Regelung einer Abkühlphase nach der politischen Karriere an Fahrt, wobei es nicht um ein Tätigkeitsverbot gehen kann. Für eine festzusetzende Periode sollen Politiker keine Funktion übernehmen, zu der es gehört, im In- oder Ausland Kontakt mit Amtsträgern zu halten oder Amtsträger zu beraten. Das betrifft insbesondere Funktionen als Public-Relations-Officer oder -Berater.

Die Wirkrichtung einer solchen Regelung wäre vielseitig: Einerseits sollen die ehemaligen Politiker nicht von Nachfolgern weiterhin als Vorgesetzte auf Honorarbasis, quasi als “Schattenminister”, wahrgenommen werden. Andererseits wäre eine solche Orientierungsphase sinnvoll, dem Politiker selbst zu gewisser fachspezifischer Qualifikation zu verhelfen.

Aktuell: Sollen beispielsweise “Unternehmensberatung” oder “Kreditvermittlung” nicht zu Witzen des Gewerberechts verkommen, wäre genug zeitliche Gelegenheit gegeben, eigene Expertise aufzubauen. Mag ein abgeschlossenes Jus-Studium mit politischer Erfahrung das Selbstverständnis der Überqualifikation für nahezu jede Betätigung bringen, ist in der Realität von Großkonzernen mit Milliardenbilanzen deutlich mehr erforderlich.

Fazit: Letztlich stellen sich Aktionäre von heute die Frage, ob ein solches Engagement nicht schadet, denn nützt. Längst zählen PEPs (Political Exposed Persons) in Sachen Geldwäsche zur Problemgruppe. Ähnlich verhält es sich in Managementfunktionen, in denen Ex-Politiker Gefahr laufen, zu polarisierenden “Frühstücksdirektoren” mit politischen Altlasten zu werden, ohne auch nur die Basics des Geschäfts zu verstehen. Im Einzelfall mag man selbst das Handeln im Aktionärsinteresse schon bezweifeln. Ob hier Aktionärsgeld sinnvoll verwaltet wird, kann sich jeder selbst beantworten.

Im Börsen-Kurier Nr. 49 am 07. Dezember veröffentlicht von:

Florian Beckermann

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