Aktionärsrechte: EU-Richtlinie scheitert an Realität

Es geht um eine komplexe Situation: Die Aktionärsrechterichtlinie (SRD2) sollte es mit September 2020 erleichtern in Europa Aktionär zu sein – auch bei ausländischen Gesellschaften. Die erste Saison der Umsetzung wurde nun von BETTER FINANCE (BF), der europäischen Dachorganisation der Investoren und der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) Stichprobenartig in einer Studie untersucht. „Das Ergebnis ist alarmierend“, so der BF-Generaldirektor Guillaume Prache (https://betterfinance.eu/publication/barriers-to-shareholder-engagement-2-0-srd-ii-implementation-study/).

Die Ausgangssituation: Bisher gab es keinen direkten Kontakt der Börsenemittenten mit den Aktionären. Lediglich eine Intermediärskette (vergleichbar mit einer Kette von Banken und Verwahrern) sorgte für Auszahlung der Dividende. Eine Kommunikation in die „andere“ Richtung gab es nicht. Das hat die Richtlinie geändert. Die Einbindung von Aktionären in die Unternehmenskultur gilt als wichtigster Baustein der Governance-Initiative der EU.

Die Studie zeigt klar, dass insbesondere die für Aktionäre so wichtige Hauptversammlung Schwierigkeiten bereitet: 59% erhalten gar keine Infos! Kamen dennoch welche, waren diese zu 54% unzureichend, um an der Versammlung teilzunehmen oder gar ihre Stimmrechte auszuüben. Letztlich war die Möglichkeit der Abstimmung nur für 34% gegeben. Exemplarisches Beispiel eines Hindernisses einer spanischen Versammlung war, dass Zugang nur mit einem spanischen Personalausweis gewährt wurde. Ähnlich diskriminierend sind teilweise die Gebühren der Banken für Versammlungen im EU-Raum: 36% der Institute verlangen mehr als 150 EUR je Anmeldung vom Aktionär.

„Die Probleme der Intermediäre sind bekannt. Oft kennen Sie ihre Pflichten nur unzureichend. Auch so genannte Neo-Broker sind ein (fast) Schwarzes Loch“, konstatiert IVA Vorstand Florian Beckermann, „der Gebührenunsinn wurde uns von österreichischen Aktionären, welche bspw. deutsche Aktien halten, gemeldet. Die meisten heimischen Großbanken haben jedoch vernünftige Gebührenmodelle.“

Die Europäischen Verbände plädieren daher für eine Reform der SRD2 Richtlinie. Beckermann: „Man hat wichtige Parameter in der Richtlinie nicht ausreichend festgelegt, z.B.: die europäische Definition einer Aktie, das gemeinsame Record-Date oder eine Supervision des Prozesses. Hier sollte man bald nachschärfen.“

(Der Interessenverband für Anleger IVA ist Mitglied der EU-Organisation BETTER FINANCE) 

Florian Beckermann

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