SEC sägt an IRFS

An Merkwürdigkeiten aus den USA ist man in der zweiten Trump-Administration bereits gewöhnt. So passt auch dieser Vorstoß des SEC-Vorsitzenden Paul Atkins ins Bild, den er vergangene Woche in Paris anlässlich seiner Antrittsrede bei der OECD formulierte: Die Trump-Administration wehrt sich massiv gegen „ESG“ und schreckt vor extremen Maßnahmen nicht zurück. Das Drohszenario: Die Internationalen Rechnungslegungsstandards IFRS und deren Anwendung in den USA. Durch eine „Überleitungsvorschrift“ gelten seit 2007 in den USA „Sonderregelungen für ausländische Emittenten“, die Zugang zu den US-Kapitalmärkten haben. Diese können Finanzberichte vorlegen, die gemäß den International Financial Reporting Standards (IFRS) des International Accounting Standards Board (IASB) erstellt wurden, ohne dass eine Überleitung auf US-GAAP erforderlich ist. Durch den Einfluss der IASB-Schwesterorganisation ISSB (International Sustainability Standard Board) befürchtet die US-Administration, dass die Finanzberichterstattung „als Hintertür zur Durchsetzung politischer oder sozialer Agenden“ genutzt wird. Atkins stellte fest, dass man die Überleitungsvorschrift schlicht streichen könnte. Was natürlich kaum sinnvoll durchsetzbar ist, ohne nicht massiven Schaden für US-Investoren anzurichten.

So sinnierte der SEC-Chairman über eine komplexe Daumenschraube, der Finanzierung des IASB und ISSB über die unabhängige IFRS-Foundation. Eine Stiftung die über verschiedene Einkommensquellen verfügt, aber zuweilen auf der Geldsuche ist. Atkins formulierte es so: „Wir alle haben ein großes Interesse daran, dass der IASB vollständig finanziert und einsatzfähig ist, und ich ermutige die IFRS-Stiftung, ihr Ziel
einer ‚stabilen Finanzierung‘ zu erreichen, bei der der IASB und sein Fokus auf Standards für die Rechnungslegung Vorrang vor zweifelhaften und spekulativen Themen haben. Wenn der IASB keine vollständige, stabile Finanzierung erhält, könnte eine der Grundvoraussetzungen für die Streichung der Überleitungsvorschrift für ausländische Unternehmen durch die SEC im Jahr 2007 nicht mehr gegeben sein, und wir müssten diese Entscheidung möglicherweise rückwirkend überprüfen.“

Das Spiel mit dem Geldhahn der IFRS-Standardsetzer mag nicht freuen. Es wirkt wie eine beinahe typische Trump-Maßnahme gegen eine vermeintlich-gegnerische Interessengruppe. In der Tat hat das ISSB in der Vergangenheit zwar konservativ, aber verhältnismäßig konstruktiv die europäischen Ideen in Sachen Nachhaltigkeit aufgegriffen. So ist davon auszugehen, dass neben der EU auch das ISSB aktuell in Sachen Berichterstattungspflichten auf Druck der Industrie wieder zurückrudern wird – das oft zitierte Omnibus-Verfahren wirft seine Schatten voraus. Man fragt sich, ob Atkins mit seiner Drohung daher generell richtig unterwegs ist.

Manch ein Investor mag in diesem Zusammenhang die Historie der IFRS Revue passieren lassen und melancholisch an alte UGB-Abschlüsse zurückdenken. Nicht wenige sehen die IFRS als Wurzel vieler Übel und wünschen sich alte Zeiten. Doch Vorsicht mit dem Wünschen, es kann teuer werden.

Im Börsen-Kurier Nr. 38 am 18. September 2025 veröffentlicht von:

Florian Beckermann

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