Jeder Investor kennt es: Ein CEO ist eine gefühlte Ewigkeit im Amt. Ein(e) Patriarch(in), eine Person die alles im Unternehmen weiß, oftmals als Praktikant dort anfing – auch eine Identifikationsfigur. Mehr noch im Familienunternehmen zuhause, denn an der Börse. Über Jahre unabdingbar für den Erfolg des Unternehmens mit der entsprechenden Erfahrung. Doch neben dieser erwiesenen Leadership-Qualität gibt es auch eine negative Seite, der sich eine Vielzahl von aktuellen Studien widmen. Es entsteht eine Fachdiskussion um ein Best-Practice-Ablaufdatum für CEO-Amtszeiten. Aktionäre sollten sich eine Meinung bilden.
Warum? Mit zunehmender Dauer im Amt besteht die Gefahr, dass ein CEO an Innovationskraft verliert und weniger bereit ist, Veränderungen umzusetzen. Langjährige Führungskräfte neigen dazu, in eingefahrenen Denk- und Handlungsmustern zu verharren. Es sinkt häufig die Bereitschaft, Risiken einzugehen oder neue Ideen zu fördern, was langfristig zu Innovationsstau und Wettbewerbsnachteilen führt.
Ein weiteres Problem besteht in der zunehmenden Machtkonzentration. Je länger ein CEO im Amt ist, desto größer wird sein Einfluss auf das Unternehmen und den Aufsichtsrat. Diese Machtfülle kann dazu führen, dass Kontrollmechanismen abgeschwächt werden und kritische Stimmen im Umfeld des CEOs verstummen. Häufig entsteht eine Umgebung, in der Entscheidungen nicht mehr ausreichend hinterfragt
werden, was das Risiko von Fehlentscheidungen oder ineffizientem Management erhöht – die berühmte Bubble, der Management-Elfenbeinturm. Eine klassische Governance-Aufgabe.
Darüber hinaus kann eine lange Amtszeit Interessenskonflikte fördern. Manche CEOs richten ihr Handeln stärker auf den Erhalt ihrer eigenen Position oder kurzfristige Erfolgskennzahlen aus, anstatt langfristig nachhaltige Strategien zu verfolgen. Auch die Nachfolgeplanung wird dadurch erschwert: Potenzielle interne Nachfolger erhalten kaum Aufstiegschancen und verlassen das Unternehmen, wodurch wertvolles Wissen und Führungspotenzial verloren gehen. Der Aufsichtsrat ist hier gefragt, wenn er denn gewillt ist. Zudem kann eine zu lange Amtszeit die Unternehmenskultur negativ beeinflussen. Wenn ein CEO über Jahre hinweg die Werte und Strukturen prägt, kann das Unternehmen zu stark mit seiner Person identifiziert werden.
Die Empirie zeigt, dass die Unternehmensleistung häufig in den ersten Jahren eines CEO-Amts steigt, danach jedoch tendenziell wieder abnimmt – meist nach etwa sieben bis zehn Jahren. Es spricht viel dafür, Lösungsgedanken zu definieren.
Aktuell: Ungeachtet diverser Branchenspezifika wird die zehn Jahre Schwelle zur Evaluation herangezogen, sofern die Frist zuvor festgelegt und eine Nachfolgeregelung/-Aufbau stattgefunden hat. Dies bedeutet, dass Nachfolger vor der letzten Vertragsverlängerung definiert sein sollten. Ferner ist eine weitere Verlängerung unter gewissen Umständen opportun, beispielsweise bei größeren Krisen. Diese Tür sollte man sich offenhalten.
Im Börsen-Kurier Nr. 43 am 22. Oktober 2025 veröffentlicht von:
Florian Beckermann
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