Falsche Sparsamkeit bei Österreichs AGs

Es ist Hauptversammlungssaison. Zeit der Abrechnung, Diskussion und Entscheidung. Teils recht emotional wird die Debatte geführt. Einer der Aufreger ist regelmäßig die Vergütung des Vorstands und des Aufsichtsrats – eine verkappte Neiddebatte für einige, ein wirtschaftlich-sozialer Lenkungsimpuls für andere.

Auch die internationalen Stimmrechtsberater bearbeiten das Thema, und damit die großen internationalen Investoren, wie Blackrock, Vanguard usw. Der Pflicht-Tagesordnungspunkt „Vergütungsbericht“ wird von ihnen zerpflückt – oft führt dies zu schnaufenden Gesichtsausdrücken des betroffenen Vergütungsausschusses. Dabei geht es nicht um die Höhe der Vergütung, sondern deren transparente Zusammensetzung. Es ist also die Nachvollziehbarkeit der Vergütung, die aneckt. Ein vermeintlich vermeidbarer Bauchfleck? Mitnichten. Die involvierten Agenturen lassen sich nicht in die Karten schauen. Warum sie die Vergütung ablehnen, bleibt oft nicht erkenntlich. Insofern fordert man Transparenz, die man selbst nicht einhält? Vielleicht. Jedenfalls rätselhaft für Entscheider im Aufsichtsrat.

Absurd wird die Diskussion um die Höhe. Im internationalen Vergleich sind insbesondere die Aufsichtsratsvergütungen zu gering. Ein Aufsichtsratsmitglied der Telekom Austria – immerhin ein Milliardenkonzern – soll für 20.000€ pro Jahr eine ernstzunehmende, unabhängige Überwachungsaufgabe ausüben und die Interessen aller Aktonäre vertreten? Welcher geeignete Manager mit vernünftigem Netzwerk und Erfahrung tut so etwas? Es bleiben Kernaktionärsvertreter übrig, die entsendet werden und sich bei ihrer Rolle vielleicht nicht immer so ganz im Klaren sind. Wie am Beispiel der HV-Debatte bei Uniqa zu sehen war, ist die Kontrolle des Vergütungsberichts dennoch sinnvoll. 20.000€ Vergütung für einen Ausschuss der nicht tagt? Das ist kein hinnehmbarer Zustand – für keinen Aktionär.

Abseits dieser Sondersituation stellt sich die Frage: Warum die magere Vergütung? Es kann nicht an der weitgehend guten Aktienperformance liegen, es liegt auch kaum an den Aktionären (Streubesitz), die leistungsorientierte, unabhängige Überwachung ihres Kapitals erwarten. Es mag vielleicht falsche Sparsamkeit sein.

Lösungsidee: Gerade im Hinblick auf teilweise überragende Ergebnisse für die Akionäre und andere Stakeholder ist Sparsamkeit zwar löblich und hinterfragenswert, aber nicht verhältnismäßig zum Erfolg aktuell. Angesichts der extrem niedrigen Aktienquote bei heimischen Aufsichtsräten wäre es doch überlegenswert eine Verügutung in Form eines nachhaltigen Beteiligungsprogramms auf Aktienbasis zu gewähren (angelehnt an die Kriterien für die Vorstandsvergütung). Nachsatz: Wenn man schon keinen Mut/Konsens bei der Erhöhung des Salärs in Barmitteln findet. Der Attraktivität des Marktes würde es guttun, hier wettbewerbsfähig zu werden.

Im Börsen-Kurier Nr. 24 am 12. Juni 2025 veröffentlicht von:

Florian Beckermann

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