Finanzbildung- und Investmenttag sollten Weltspartag ersetzen

Weltspartag, Allerheiligen, Allerseelen – die morbide Reihe war vergangene Woche vollständig. So kann man die Relevanz des Jahrestages des Sparens einordnen. Die Unwichtigkeit dieses „Gedenktages“ ist kaum zu überbieten, wenn man denn überhaupt solchen Tagen – abseits der Religion oder Verfassung – etwas abgewinnen kann. Als wäre der Weltkindertag nicht mindestens 365 Tage im Jahr …

Der Weltspartag soll das Bewusstsein für die Bedeutung des Sparens stärken und vor allem Kinder und Jugendliche an den verantwortungsvollen Umgang mit Geld heranführen. Trotz seiner positiven Grundidee hat seine ursprüngliche Bedeutung in der modernen Zeit an Wirkung verloren. In einer digitalisierten Finanzwelt, in der viele Menschen Online-Banking, Wertpapierdepots oder Kryptowährungen nutzen, wirkt das traditionelle Konzept des „Sparbuchsparens“ veraltet.

Die Sparschweine sind geschlachtet. Der Weltspartag vermittelt daher teilweise ein überholtes Verständnis von Geldanlage, das sich vor allem auf das klassische Sparen auf dem Bankkonto bezieht – eine Form des Sparens, die bei niedrigen Zinsen kaum noch Erträge bringt.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass der Weltspartag häufig mehr Marketinginstrument als echte Bildungsinitiative ist. Viele Marktteilnehmer nutzen diesen Tag, um neue Kunden zu gewinnen oder Kinder frühzeitig an ihre Marke zu binden, indem sie Geschenke oder kleine Prämien anbieten. Der pädagogische Wert tritt dabei oft in den Hintergrund, während wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen. Ist das modern?

Zudem kann der Weltspartag eine einseitige Botschaft vermitteln. Er legt den Fokus stark auf das Sparen als Tugend, ohne gleichzeitig über andere wichtige Aspekte der Finanzbildung zu informieren – etwa Investieren, nachhaltiges Wirtschaften oder Schuldenmanagement. Dadurch entsteht der Eindruck, dass reines Sparen immer die beste Lösung sei, obwohl in der heutigen Zeit auch andere Finanzstrategien notwendig sind, um Vermögen aufzubauen oder Inflation auszugleichen.

Nicht zuletzt ist der Weltspartag in vielen Ländern zu einer reinen Symbolveranstaltung geworden, die in der Bevölkerung kaum noch Aufmerksamkeit findet. Viele Menschen sehen darin eine nostalgische Tradition ohne großen praktischen Nutzen.

Insgesamt lässt sich sagen, dass der Weltspartag zwar eine gute Idee mit langer Tradition ist, seine Botschaft jedoch an die moderne Finanzrealität angepasst werden müsste. Nur wenn er breiter angelegt wird – etwa mit Themen wie Finanzkompetenz, Nachhaltigkeit und verantwortungsvollem Konsum – kann er auch in Zukunft eine wirklich sinnvolle Rolle spielen.

Im Börsen-Kurier Nr. 45 am 5. November 2025 veröffentlicht von:

Florian Beckermann

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