Bankenzukunft – digital und glaubwürdig

Für Selbstzufriedenheit ist im Bankensektor keine Zeit. Hand aufs Herz: Junge Kunden erwarten personalisierte, digitale Services. Eine Generation von Digital-Natives wächst mit Apps und Neobanken heran. KI und Krypto sind hier Standard und kein IT-Projekt vom Computer-Fuzzi, in dessen Büro Disketten gesammelt werden. Banken, die deren Erwartungen nicht erfüllen, gelten schnell als veraltet. Wir sprechen nicht von der Enttäuschung durch einen abgewiesenen Kreditantrag, sondern von einer extrem flexiblen Generation, der Tradition oder lokale Verbundenheit gleichgültig sind und die viel schneller abcancelt. Eine Generation, die allergisch auf unechte Typen reagiert, problemlos ausländischen Strukturen mehr zutraut und schlicht den „Anbieter“ wechselt oder herunterlädt – da klingt nicht mehr der biedere Begriff „Finanzinstitut“ durch. Wer sich noch als solches begreift, dem sei „Gute Nacht“ gewünscht. Unterstützt wird diese Generation des „IT-Anspruchs“ übrigens von vielen Aktionären, denen eine hohe Digitalisierungsquote mehr bedeutet als irgendeine erfolgreiche M&A-Transaktion mit langwierigen Integrationskosten – auch wenn man den Profit daraus mag.

Die innere Zerrissenheit des europäischen Bankensektors wäre so allein nicht erklärt. Was sind die Hindernisse, diesem Wettbewerb standzuhalten? Wie ein Anker in stürmischer See gilt insbesondere die komplexe Regulatorik und Aufsicht als Sicherungsmechanismus für das dauerhafte Andenken an die abgehobenen „Institute“. Ohne mit EU-Akronymen und Details zu nerven: Eine regulatorische Resilienz wird sich wohl auch durch Banking-Systeme und integrierte Plattformen erreichen lassen? Ob diese (globale) Herausforderung überall gleich angesehen ist, kann man gern bezweifeln. Einige weitreichende Optimierungsmöglichkeiten sind jedenfalls zu prüfen. Bankmanagement ist hier gefragt, und das nicht seit gestern.

Den Bankmitarbeitern kommt in dieser Transformation eine besondere Rolle zu. Einen Wettbewerb um das Abdrehen des letzten Lichtschalters wird es kaum geben. Die Lust, sich selbst durch Computersysteme oder KI abzuschaffen, wird sich in Grenzen halten. Im Verhältnis zu einer komplexen Regulatorik sind sie jedoch das betriebswirtschaftlich leichter zu optimierende Managementsubjekt. Auch das ist keine neue traurige Erkenntnis.

Der legendäre Mut von Österreichs Banken kann sich daher nicht in einer Osteuropa-Expedition erschöpfen. Sich von der Hoffnung zu nähren, dass sich irgendwann jemand findet, der das IT-Best-of der Branche umsetzt, ist keine tragfähige Strategie. Womöglich ist dann bereits signifikanter Marktanteil verloren.

Dies weist auf die Schlüsselqualifikation hin: Die interne Glaubwürdigkeit für den Transformationsprozess, sowie die externe Glaubwürdigkeit, die Interessen einer Generation verstanden zu haben, sind Führungsaufgaben, die offen gelebt werden müssen. Nur dann ist eine Koexistenz bei digitaler Überlegenheit der Konkurrenz möglich.

Im Börsen-Kurier Nr. 39 am 24. September 2025 veröffentlicht von:

Florian Beckermann

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